Erscheinungsform

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ERSCHEINUNGSFORM VON ANITSEMITISMUS

Antisemitismus drückt sich in vielfältiger Art und Weise aus. Diese Kategorie erfasst welche Erscheinungsform des Antisemitismus in dem Vorfall zum Ausdruck kommt. Oft sind die Erscheinungsformen, in denen der Antisemitismus zum Ausdruck kommt in der Praxis miteinander verwoben. Bei dieser Differenzierung handelt es sich um eine kategorial-analytische Trennung in der erfasst wird, welche Erscheinungsform vordergründig ist. Sollte der Vorfall keiner Erscheinungsform primär zugeordnet werden können, so gilt es ihn als „nicht zuordenbar“ auszuweisen. Diese Auswahl grenzt sich von der Zuordnung als „unbekannt“ insofern ab, als das bei „unbekannt“ die Informationen zu der Erscheinungsform zu gering sind, um sie sicher einordnen zu können. Die folgenden Erläuterungen ergänzen die den bereits dargestellten „begrifflichen Rahmen“.

Als ANTISEMITISCHES OTHERING wird die antisemitisch motivierte Zuschreibung einer Anders- oder Fremdartigkeit verstanden. Die Konstruktion von Jüdinnen_Juden als nicht dazugehörig schwingt bei sämtlichen Erscheinungsformen von Antisemitismus mit. Wir ordnen einen Vorfall dem antisemitischen Othering zu, wenn die Konstruktion des Fremdartigen im Vordergrund steht. Dies ist Beispielsweise der Fall, wenn „du Jude“ als Schimpfwort genutzt wird.

Bei ISRAELBEZOGENEM ANTISEMITISMUS steht der jüdische Staat Israel sinnbildlich für alle Jüdinnen und Juden sowie für das Jüdische als Sinnbild des Bösen – auch ohne, dass „die Juden“ explizit erwähnt werden.  Zur Einordnung des Israelbezogenen Antisemitismus wird der sogenannte „3-D Test“ genutzt. Dieser ist unter dem Punkt „begrifflicher Rahmen“ bereits beschrieben. Auch wenn jüdische Menschen für die Politik des Staates Israel verantwortlich gemacht werden, ist dies dem israelbezogenen Antisemitismus zuzuordnen. Wenn in einem Vorfall die Israelische Regierungspolitik mit dem NS gleichgesetzt wird, so wird dieses als Israelbezogener Antisemitismus eingeordnet. Diese Entscheidung begründet sich darauf, dass der Vergleich zum NS an dieser Stelle vermutlich dazu genutzt wird, um das vermeidlich barbarische handeln der Israelischen Regierung herauszustellen. Eine Verharmlosung der Schoa ergibt sich daraus logischerweise auch, jedoch ist dies nicht primäres Moment.

Als POST-SCHOA-ANTISEMITISMUS bezeichnen wir eine Form des Antisemitismus, die sich gegen eine kritische Erinnerung an die NS-Verbrechen richtet oder diese sogar angreift. Dazu gehört auch ein Umgang mit der Schoa, bei dem historische Fakten geleugnet, Verbrechen verharmlost oder relativiert werden. Diese Kategorie grenzt sich zu Geschichtsrevisionistischen NS-Vergleichen ab, die sich nicht auf die Schoa beziehen.

Zu der Erscheinungsform des Post-Schoa Antisemitismus zählen auch Versuche, den Jüdinnen oder Juden für die an ihnen begangenen Verbrechen eine Mitschuld zu geben oder sie – im Sinne einer Täter-Opfer-Umkehr- gar für diese verantwortlich zu machen.

MODERNER ANTISEMITISMUS wird als vordergründige Erscheinungsform zugeordnet, wenn Jüdinnen_Juden unterstellt wird, (im Geheimen) Medien, Wirtschaft, Regierungen oder andere gesellschaftliche Institutionen zu kontrollieren bzw. eine besondere, verborgene Macht über diese auszuüben. Meist sind derartige Erzählungen in tiefere Verschwörungsmythen eingebettet. Zur Einordnung von Vorfällen mit Kontext von Verschwörungserzählungen orientiert sich LIDA an dem, im Rahmen der BAG des RIAS Bundesverbands entworfenen 3-Ebenen Modell. Da Verschwörungsmythen oft in hohem Maße chiffriert und codiert sind, machen sie häufig eine Reihe von Sinnzusammenhängen denkbar, die nicht überwiegend antisemitisch sein müssen. Dennoch weisen sie oft einen antisemitischen Gehalt auf oder sind zumindest anschlussfähig für antisemitische Welterklärungsmuster. Auf der analytischen Ebene sind sie dementsprechend häufig mit Antisemitismus verbunden. Auf einer kategorialen Ebene sind sie es jedoch nicht zwangsläufig. Um die analytische Ebene von der kategorialen Ebene zu trennen, wurde sich auf ein standardisiertes Vorgehen geeinigt, in dem mindestens zwei verschiedene Ebenen in einem Vorfallsverdacht kumulativ verbunden sein müssten – wenn nicht Jüdinnen_Juden explizit genannt werden- um den Vorfall als antisemitischen Vorfall in die Datenbank aufzunehmen. Die Ebenen lassen sich in 1. Verschwörungsmythen, 2. Antisemitische Bilder, Codes und Chiffren und 3. Jüdinnen_Juden, jüdische oder als jüdisch wahrgenommene Organisationen und antisemitische Narrative unterteilen.

Als ANTIJUDAISTISCHER ANTISEMITISMUS werden Erscheinungsformen von Antisemitismus beschrieben, in denen religiös begründete Stereotype oder Mythen von Jüdinnen und Juden bzw. vom Judentum im Vordergrund stehen. Der antijudaistische Antisemitismus ist als religiös begründeter Antisemitismus eine der ältesten Erscheinungsformen des Antisemitismus.